Handballheld besucht Fortuna-Tag
Nordkurier 11.11.2016, von Stefan Thoms
Er lehrte seine Gegner das Fürchten. Nun kommt Henning Fritz aus dem baden-württembergischen Östringen morgen ins Neubrandenburger Jahnsportforum. Um 14 Uhr geht es los. Im Vorfeld sprach Stefan Thoms mit dem ehemaligen Torhüter.
Wie ist der Kontakt zu den Fortuna-Handballern zustande gekommen?
Ich habe den früheren Fortuna-Präsidenten Stefan Walzel an der Sporthochschule Köln kennengelernt. Er hat mich gefragt und ich habe sofort zugesagt. Stefan war Leiter und ich Teilnehmer des Studiengangs „Europäischer Handballmanager“. Ich wollte neben der praktischen Erfahrung im Handballsport auch noch den kaufmännischen- und den Managementbereich vertiefen. Wir orientieren uns unter anderem am Marketing beim Fußball. Es gibt viele Ideen und gute Ansätze, um vor allem die aktuellen Erfolge der Nationalmannschaft zu nutzen und auch unseren Sport voranzubringen.
Was würden Sie nach einer Karriere mit so vielen Erfolgen als Ihren größten, wichtigsten Triumph bezeichnen?
Das ist ganz klar der WM-Titel 2007 im eigenen Land. Wir sind nicht gerade als Topfavorit ins Turnier gegangen und bei zwei Testspielen vorher gegen Ägypten habe ich gedacht, wir haben das Handballspielen komplett verlernt. Der Druck war schon deutlich zu spüren. Dass wir während des Turniers immer besser und stabiler wurden und auch die knappen Spiele wie gegen Spanien, Frankreich und auch das Finale gegen Polen gewinnen konnten, war ein absoluter Höhepunkt. Auch die vollen Hallen und die Euphorie im Land. Es ist unheimlich beeindruckend, wenn wie beim Finale 15 000 Fans in der Köln-Arena die Nationalhymne singen. Und dann noch den Titel zu gewinnen, das ist ein unglaubliches Gefühl.
Und im Finale haben Sie ja eine ganz besondere Rolle gespielt. Erst stark gehalten und dann verletzt vom Feld. Was ging Ihnen da durch den Kopf?
Ich war geschockt. Du sitzt auf der Bank und kannst nicht eingreifen, das ist brutal. Vor allem, als das Spiel zu kippen drohte. Wir haben im Angriff keine Lösungen mehr gefunden und für Johannes Bitter, der dann für mich ins Tor kam, war es keine einfache Situation. Er hatte bis dahin nicht viele Spielanteile und sollte jetzt das WM-Finale retten. Ich erinnere mich, dass er einen Ball an den Kopf bekam und das schien wie eine Initialzündung zu wirken. Danach hat er viele starke Paraden gezeigt und war einer der entscheidenden Faktoren für unseren Sieg.
Woran erinnern Sie sich sonst noch gerne, wenn Sie an Ihre Spielerkarriere zurückdenken?
Das erste Mal für die Bundesligamannschaft vom SC Magdeburg aufzulaufen, war für mich als gebürtigen Magdeburger eine große Ehre. Ich bin sehr stolz, Teil dieser Erfolgsgeschichte zu sein. Für mich persönlich mündete das in der deutschen Meisterschaft 2001. Das mit dem SCM zu schaffen, war eine große Genugtuung, besonders, weil ich danach zum THW Kiel gewechselt bin. Die vier Meisterschaften, der Champions-League-Sieg, die beiden Europapokale mit dem THW und die anschließenden Partys waren natürlich auch einzigartige Erlebnisse.
Würden Sie Kindern heute noch empfehlen, die Profisportkarriere einzuschlagen, auch wenn man die immer größer werdende öffentliche Aufmerksamkeit und den Leistungsdruck berücksichtigt?
Ich habe einen Traum gelebt und kann jedem nur empfehlen, diesen Weg zu gehen. Aber man muss bestimmte Dinge beachten. Mit der täglichen öffentlichen Aufmerksamkeit umzugehen, ist mir am Anfang nicht leicht gefallen. Aber das kann man lernen. Eine weitere große Herausforderung ist, dass Verbände und Vereine die Rahmenbedingungen für Kinder und Jugendliche schaffen, die sich auf dem Weg zum Leistungssport befinden. Beim Handball kann man nicht so viel verdienen, dass man am Ende der Karriere ausgesorgt hat. Für das Leben nach dem Sport muss man vorbereitet sein und deshalb darf die berufliche Ausbildung nicht vernachlässigt werden.
Sie haben zwei Töchter, was machen die in ihrer Freizeit?
Die eine ist 11 und die andere 14 Jahre. Sie spielen Handball, Tennis, sie reiten ab und zu und sind in einer Musical-AG. Sie sollen ohne Leistungsdruck verschiedene Dinge ausprobieren und sehen, wo sie ihre Stärken und Schwächen haben. Am Ende sollen sie selbst entscheiden.
Beim Handballtag konnten Kinder eine Trainingseinheit mit Ihnen gewinnen. Was werden Sie denen nahebringen?
Sie müssen die Position Torhüter lieben und schätzen lernen. Bist du im Tor herausragend, kannst du das Spiel entscheidend prägen. Die Angst verliert man mit der Zeit. Ich glaube, dass es keinen bestimmten Körpertyp dafür gibt, jeder kann seine Stärken einbringen. Ich war kein Riese im Tor und habe versucht, es mit Stellungsspiel und Schnelligkeit auszugleichen. Das individuelle Training muss den Gegebenheiten des Einzelnen angepasst werden und dafür will ich Übungsformen und Ideen anbieten.